Werkstattgespräch
mit Robert Brown

von Ulrike Guggenberger

„Meine erste Begegnung mit alten Instrumenten passierte in Neuseeland. In der Schule hörte ich die Aufnahme eines Konzerts, gespielt auf einer historischen Orgel, ein Erlebnis, das mir im Gedächtnis blieb. Später studierte ich Musik, in erster Linie Orgel, und pflegte mit Leuten Kontakt, die ähnliche Vorlieben hatten“.

In Brüssel schließt Brown eine vierjährige Ausbildung zum Orgelbauer ab. Vom Klang alter Hammerflügel ist er damals, Ende der 70er Jahre, enttäuscht. Die historischen Instrumente hörten sich noch ziemlich schlimm an, heute würde er sagen: „Wahrscheinlich waren sie unsachgemäß restauriert“.
Gleichzeitig rufen diese Erlebnisse in Brown den noch unbestimmten Wunsch wach, Musik auf originalen Instrumenten aufzuführen.

In Frankreich lernt er frühe nachgebaute Hammerflügel kennen und ist durchaus beeindruckt. Durch Zufall gerät er in eine Restaurierungswerkstatt für Cembalo und Hammerflügel und beginnt sich einzuarbeiten. Zunehmend entdeckt er seine Begeisterung für diese Instrumente, und als er schließlich auf einen nachgebauten Wiener Hammerflügel trifft, verfestigt und vertieft sich sein Interesse.

Aus persönlichen Überlegungen siedelt sich Robert Brown nunmehr mit Familie ab 1985 in Österreich an. 1997 Eröffnet Brown eine eigene Werkstätte in Oberndorf bei Salzburg.
Zu Beginn seiner Selbstständigkeit stehen die Restaurierungsarbeiten im Vordergrund. Schon im ersten Jahr hat er interessante und lehrreiche Aufträge zu bewältigen. Die sorgfältigen Aufzeichnungen seiner Arbeitsweise sind ihm noch heute nützlich. „Manche Instrumente waren zum Teil stark umgebaut worden, ich musste nach vergleichbaren Originalen suchen“. Im Wiener Kunsthistorischen Museum oder auch in Nürnberg machte Brown sich kundig. „An solchen Orten liegen immer auch Ideen in der Luft“.

„Ausgangspunkt meiner Arbeit ist oft der Auftrag zur Restaurierung alter Hammerflügel. Bei stark beschädigten Modellen muss ich manchmal tief in die Originalsubstanz des Instruments eingreifen. Inzwischen liegt der Schwerpunkt meiner Arbeit im vollständigen Nachbau von Instrumenten nach historischen Originalen.“

Anders als die genuinen Klaviere, die vor kleinem Publikum oft auch in privaten Räumen gespielt wurden, ist das Klangvolumen moderner Klaviere auf große Konzertsäle hin ausgerichtet. Ein Grund warum sie sich nicht so eignen alte Musik darauf zu spielen. Es macht daher Sinn historische Instrumente zu restaurieren oder nachzubauen, noch finden sich originale Modelle.
Die Musik dieser Epoche lebte vom Detail und vom Text, diese Elemente gehen in der Wiedergabe auf zeitgenössischen Instrumenten verloren.
Freilich der ursprüngliche Klang ist nicht mehr genau vorstellbar. Ob Restaurierung oder Nachbau, ehrgeiziges Ziel ist es immer, die historische Klangstimmung mit den zeitgenössischen Hörgewohnheiten harmonisch abzugleichen.

Die heutigen Klavierbau-Techniken unterscheiden sich von den Anfängen wesentlich durch die verwendeten Materialien z. B. die Zusammensetzung des Leimes. Bei den früheren Klavieren wurden die Hämmer mit Leder bezogen, heute bevorzugt man Filz. Brown kann sich anstatt des früher verwendeten Schaffells auch die Nutzung von Wildleder vorstellen. Es gibt Gerbereien, die Gerberlohe nach alten Rezepturen herstellen wie auch Erzeuger für historische Saiten. Beim Material Holz verändern Faktoren wie Zentralheizungen die Qualität.

„Nach wie vor muss geforscht werden. Es gibt nur wenige originale Texte, sie lassen sich nicht unbearbeitete in die Gegenwart übertragen. Auch von Mozarts Klavieren kennt man die Vorgeschichte nicht, man weiß nur er hat darauf gespielt. Die einzige Informationsquelle sind die Instrumente selbst.“

Inzwischen konzentriert sich Browns Arbeit auf vier bis fünf Modelle aus der Ära Ende 1780 bis 1830. Es ist die Zeit der Wiener Klassik eines Haydn, Schubert, Mozart, Beethoven. Diese Musik spricht die Menschen auf der ganzen Welt an. Das Interesse, diese Klänge auf authentischen Instrumenten zu hören, nimmt ständig zu, ist aber immer noch eine Nische. Hochschulen beginnen seit 20 Jahren, solche Instrumente zu kaufen. Robert Brown spricht auch von Zeiten früheren Leichtsinns, als man wichtige Bestandteile alter Instrumente aus Unwissen verwarf.

An manchen Abenden füllen Gäste und Musiker den geräumigen Werkstattraum. Es ist zur schönen Tradition geworden vor Ort den Abschluss einer getanen Arbeit zu feiern. Interpreten spielen quasi das wieder- oder neu erstandene Instrument vor geladenem Publikum ein. Zugleich Präsentation für den Auftraggeber und Pläsier für die Anwesenden. Jedes Konzert ein kleines Fest.

Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen und Sachzwänge zu bewältigen. Das betrifft nicht allein die Musik, sondern die Architektur, die bildende Kunst, die Literatur. So gesehen wird in jeder Epoche ein „modernes“ Klavier entwickelt.

„Wichtig ist, das Historische zu studieren, um Neues zu entwickeln. Alles Neue entsteht auf dem Boden des Alten. Um die alte Musik auf heutigen Klavieren spielen zu können, muss man die Musikvorstellung der damaligen Zeit adaptieren, die heutige Interpretation muss stets von der Frage begleitet sein: Wie war das eigentlich damals gemeint? Der Fachmann erkennt zwar die Abänderungen, der ursprüngliche Zustand ist jedoch nicht mehr nachvollziehbar.“